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Arzthaftungsrecht: Bundesgerichtshof: Bei fehlerhafter Aufklärung bei einer Operation liegt bereits in dem mangels wirksamer Einwilligung per se rechtswidrigen Eingriff als solchem vor.

Gründe

I.
1
Die Klägerin wurde am 14. März 2008 im Krankenhaus der Beklagten zu 1 an der Schulter operiert. Sie trägt vor, dass sich aufgrund der Operation in der Folge eine vollständige Einsteifung des linken Schultergelenks entwickelt habe. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Soweit Behandlungsfehler geltend gemacht worden sind, hat es festgestellt, die Operationsindikation habe bestanden und auch der Facharztstandard sei eingehalten worden. Dies greift die Nichtzulassungsbeschwerde nicht an. Sie macht allerdings eine fehlerhafte Abweisung im Hinblick auf die von ihr geltend gemachten Aufklärungsversäumnisse geltend.
II.
2
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angegriffenen Beschlusses und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht, soweit ein Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen einer Verletzung der Aufklärungspflicht verneint worden ist.
3
1. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gebot des rechtlichen Gehörs soll als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. Insbesondere ist eine Verletzung des rechtlichen Gehörs gegeben, wenn eine erforderliche Beweiserhebung nicht erfolgt ist und dies im Prozessrecht keine Stütze findet (vgl. Senat, Beschluss vom 12. Mai 2009 – VI ZR 275/08, VersR 2009, 1137 Rn. 2 mwN).
4
2. Das Berufungsgericht hat festgestellt, die Klägerin habe zu Recht gerügt, dass eine Vernehmung ihres Ehemannes als Zeuge zu Inhalt und Umfang der Aufklärung unterblieben sei. Ein Nachholen der Zeugeneinvernahme sei aber nicht erforderlich, da ein evtl. Aufklärungsfehler nicht entscheidungserheblich sei. Der Senat sei nach ergänzender Anhörung des Sachverständigen wie das Landgericht nicht davon überzeugt, dass die Beschwerden der Klägerin Folge des operativen Eingriffs seien. Danach liegt eine erhebliche Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) vor.
5
Nach der Rechtsprechung des Senats liegt die Primärschädigung bei fehlerhafter Aufklärung bei einer Operation bereits in dem mangels wirksamer Einwilligung per se rechtswidrigen Eingriff als solchem (vgl. Senatsurteile vom 29. September 2009 – VI ZR 251/08, VersR 2010, 115 Rn. 13; vom 19. Oktober 2010 – VI ZR 241/09, VersR 2011, 223 Rn. 18 mwN). Im Hinblick darauf macht die Nichtzulassungsbeschwerde mit Recht geltend, das Berufungsgericht habe ausweislich seines protokollierten Hinweises in der mündlichen Verhandlung am 28. Mai 2015 rechtsfehlerhaft  auf das Beweismaß des § 286 Abs. 1 ZPO abgestellt, obgleich die Kausalität für den behaupteten Gesundheitsschaden nach dem Beweismaßstab des § 287 Abs. 1 ZPO hätte beurteilt werden müssen. Nach den bisherigen Ausführungen des Sachverständigen ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht bei Anwendung des Beweismaßmaßstabs des § 287 Abs. 1 ZPO, eventuell nach weiterer Erörterung mit dem Sachverständigen, die Kausalität bejaht hätte. Dann hätte es den Ehemann der Klägerin als Zeugen vernehmen müssen, um zu klären, ob eine Aufklärungspflichtverletzung vorgelegen hat
Gericht: BGH 6. Zivilsenat
Entscheidungsdatum: 20.09.2016
Aktenzeichen: VI ZR 432/15
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