Zum Inhalt springen

Verkehrsrecht OLG Hamm: Kaskoversicherung: Kein Anspruch bei Lüge vor Gericht

Das OLG Hamm hat entschieden, dass die Lüge eines Kaskoversicherungsnehmers vor Gericht zur Widerlegung der für den Versicherungsnehmer streitenden Redlichkeitsvermutung und damit zur Abweisung der Klage führen kann.

Der Kläger nimmt den beklagten Versicherer aus einer Kaskoversicherung auf Entschädigung für einen behaupteten Diebstahl von Fahrzeugteilen seines Porsches 911 in Anspruch. Er behauptet, sein Fahrzeug an einem Abend im März 2014 unbeschädigt auf dem Gehweg einer Straße in Bünde abgestellt zu haben. Circa drei Stunden später habe er einen anonymen Anruf mit den Worten „Porsche weg Felgen Backsteine“ erhalten und das Fahrzeug ca. 20 Minuten später ohne Räder und Scheinwerfer auf dem Gehweg vorgefunden. Ein Dritter müsste ohne die Beteiligung des Klägers Räder und Scheinwerfer entwendet haben. Die Regulierung der vom Kläger verlangten Entschädigung i.H.v. ca. 31.500 Euro hatte die Beklagte u.a. mit der Begründung verweigert, der Teilediebstahl sei vorgetäuscht.
Das LG Bielefeld hatte die Klage abgewiesen.

Das OLG Hamm hat die erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts bestätigt.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts hat der Kläger den geltend gemachten Versicherungsfall eines Diebstahles nicht bewiesen. Den Vollbeweis eines Diebstahles könne der Kläger nicht führen. Aber auch das sog. äußere Bild eines Teilediebstahles sei nicht erwiesen. Die vernommenen Zeugen hätten bereits das unversehrte Abstellen und Zurücklassen des Porsches durch den Kläger nicht beweiskräftig bestätigen können. Durch die eigenen Angaben des Klägers sei das äußere Bild eines Diebstahles ebenfalls nicht erwiesen.

Die grundsätzlich für den Geschädigten streitende Redlichkeitsvermutung sei im vorliegenden Fall aufgrund der Angaben des Klägers widerlegt. Der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung bewusst die Unwahrheit gesagt, um seiner Klage zum Erfolg zu verhelfen. Der Kläger habe anfangs ausführlich erklärt, warum er einer von der Beklagten verlangten Nachbesichtigung seines Fahrzeuges, u.a. auch entgegen dem Rat seines damaligen Rechtsanwaltes, zunächst nicht zugestimmt habe. Nach einem Hinweis von Seiten des OLG Hamm auf eine sich hieraus möglicherweise ergebende Obliegenheitsverletzung und einer Unterbrechung der Verhandlung habe der Kläger dieses Geschehen dann anders geschildert und seine frühere, abweichende Darstellung mit eigener Nervosität erklärt. Das sei nicht nachvollziehbar, weil der Kläger vor der Unterbrechung den – im Nichtbefolgen eines anwaltlichen Rates – ungewöhnlichen Hergang auch auf Vorhalt ausführlich, anschaulich, klar und ruhig dargestellt habe. Es sei mit der für ein positives Beweisergebnis nötigen Sicherheit ausgeschlossen, dass der Kläger den infrage stehenden Hergang vor der Unterbrechung durch irgendeine Fehlleistung im Kern falsch dargestellt habe. Vielmehr habe der Kläger bei seiner Schilderung nach der Unterbrechung bewusst die Unwahrheit gesagt, um seiner Klage zum Erfolg zu verhelfen. Aufgrund dieser Unwahrheit sei die Redlichkeitsvermutung im vorliegenden Fall widerlegt. Es sei nicht anzunehmen, dass der Kläger nur bereit gewesen sei, vor Gericht die Unwahrheit zu sagen, nicht aber, einen Diebstahl vorzutäuschen.

Vorinstanz
LG Bielefeld, Urt. v. 16.07.2015 – 4 O 293/14

Gericht/Institution: OLG Hamm
Erscheinungsdatum: 06.09.2017
Entscheidungsdatum: 09.08.2017
Aktenzeichen: 20 U 184/15

Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm v. 06.09.2017

Schreibe einen Kommentar