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Verkehrsrecht: BGH: Autoverkäufer muss gefährliche Mängel immer beheben

Der BGH hat entschieden, dass ein Autoverkäufer alles tun muss, um auch ein nur gelegentlich auftretendes Problem („Vorführeffekt) zu finden und zu beheben, wenn die Sicherheit des Fahrers auf dem Spiel steht; andernfalls kann der Käufer den Wagen ohne Frist zurückgeben.

Der Kläger kaufte von der beklagten Kraftfahrzeughändlerin einen gebrauchten Volvo V 50 zum Preis von 12.300 Euro. Kurze Zeit nach der Übergabe des Fahrzeuges bemängelte der Kläger u.a., das Kupplungspedal sei nach Betätigung am Fahrzeugboden hängengeblieben, so dass es in die Ausgangsposition habe zurückgezogen werden müssen. Bei einer daraufhin von der Beklagten durchgeführten Untersuchungsfahrt trat der vom Kläger gerügte Mangel am Kupplungspedal allerdings auch bei mehrmaliger Betätigung der Kupplung nicht auf. Während der Kläger geltend macht, er habe gleichwohl, allerdings vergeblich, auf einer umgehenden Mangelbehebung bestanden, will die Beklagte ihm lediglich mitgeteilt haben, dass derzeit kein Grund zur Annahme einer Mangelhaftigkeit und somit für ein Tätigwerden bestehe und der Kläger das Fahrzeug bei erneutem Hängenbleiben des Kupplungspedals wieder bei ihr vorstellen solle. Nachdem der Kläger in den folgenden Tagen unter Hinweis auf ein erneutes Hängenbleiben des Kupplungspedals vergeblich versucht hatte, die Beklagte zu einer Äußerung über ihre Reparaturbereitschaft zu bewegen, trat er vom Kaufvertrag zurück.

Die auf Rückabwicklung des Kaufvertrages und den Ersatz weiterer Schäden gerichtete Klage war in zweiter Instanz erfolgreich gewesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr auf vollständige Abweisung der Klage gerichtetes Begehren weiter.

Der BGH hat entschieden, dass der Kläger auch ohne Fristsetzung zur Nachbesserung wirksam vom Kaufvertrag zurücktreten konnte, weil es ihm trotz des nur sporadischen Auftreten des Mangels aufgrund dessen Relevanz für die Verkehrssicherheit des Kraftfahrzeuges nicht i.S.v. § 440 Satz 1 BGB zumutbar war, ein weiteres Auftreten der Mangelsymptome abzuwarten.

Nach Auffassung des BGH hat der Kläger den Anforderungen an ein hinreichendes Nacherfüllungsverlangen bereits dadurch genügt, dass er der Beklagten neben der Einräumung einer Untersuchungsmöglichkeit die Mangelsymptome hinreichend genau bezeichnet hatte. Bei dem durch Sachverständigengutachten bestätigten und bereits bei Gefahrübergang vorhandenen sporadischen Hängenbleiben des Kupplungspedals handele es sich nicht um einen bloßen „Komfortmangel“ , sondern um einen sicherheitsrelevanten Mangel. Denn eine solche Fehlfunktion könne, selbst wenn sie nur das Kupplungspedal selbst betreffe, u.a. wegen des beim Fahrer hervorgerufenen Aufmerksamkeitsverlusts die Unfallgefahr signifikant erhöhen. Mit ihrer Erklärung anlässlich der Vorführung des Fahrzeuges, es bestünde kein Grund für die Annahme einer Mangelhaftigkeit und damit ein Tätigwerden, solange der behauptete Mangel nicht (erneut) auftrete und der Kläger damit nochmals vorstellig werde, sei die Beklagte dem Nacherfüllungsverlangen nicht gerecht geworden. Denn eine verantwortungsvolle Benutzbarkeit des Fahrzeuges sei ohne Abklärung des Mangels weitgehend aufgehoben gewesen, da der verkehrsunsichere Zustand fortbestand und es dem Kläger – der das Fahrzeug insofern auch tatsächlich noch im Juli 2013 stilllegte – nicht zugemutet werden konnte, das Risiko der Benutzung im öffentlichen Straßenverkehr auf sich zu nehmen. Ein Rücktritt sei im vorliegenden Fall auch nicht wegen Unerheblichkeit des Mangels (§ 323 Abs. 5 Satz 2 BGB) ausgeschlossen gewesen, auch wenn dieser letzten Endes (nachdem der Kläger den Rücktritt bereits erklärt hatte) mit geringen Kosten (433,49 Euro) beseitigt werden konnte. Denn solange die Ursache eines aufgetretenen Mangelsymptoms unklar sei, könne die Erheblichkeit des Mangels regelmäßig nur an der hiervon ausgehenden Funktionsbeeinträchtigung gemessen werden, die vorliegend aufgrund der Gefahren für Verkehrssicherheit des Fahrzeuges jedenfalls als erheblich anzusehen war.

Erscheinungsdatum: 26.10.2016
Entscheidungsdatum: 26.10.2016
Aktenzeichen: VIII ZR 240/15
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