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Arbeitsrecht: BAG: Urlaubanspruch und Altersteilzeit an ganzen Tagen

Das BAG hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob Urlaub gewährt werden kann, d. h. bezahlte Freistellung von der Arbeitsverpflichtung, wenn bereits Freistellung aufgrund Altersteilzeit gewährt wird. Im zugrunde liegenden Fall hatte der Arbeitnehmer vom 20. bis zum 31. Mai 2019 Urlaub beantragt. Am 22. Mai war er sowieso aufgrund Altersteilzeit von der Arbeitsverpflichtung freigestellt. Die Parteien stritten nun darum, ob der Urlaubsanspruch am 22. Mai gemindert worden ist. Die Arbeitgeberinnen meinte, dass die Altersfreizeit am 22. Mai 2019 nicht gewährt werden könne, weil der Altersfreizeittag nicht vom Erholungsurlaub umschlossen sein dürfe, und belastete nach entsprechender Ankündigung das Urlaubskonto des Klägers mit einem Urlaubstag. Der Kläger hat daraufhin Klage auf Gutschrift des Tages zum Arbeitszeitkonto erhoben.

Die Klage war vor dem BAG erfolgreich. Das BAG hat in seinen Leitsätzen ausgeführt:

1. Zu ganzen Arbeitstagen zusammengefasste Altersfreizeiten wirken sich nicht anspruchsmindernd auf den bezahlten Erholungsurlaub aus.

2. Die zu ganzen freien Tagen zusammengefassten Altersfreizeiten ändern nichts daran, dass der Arbeitnehmer regelmäßig an fünf Tagen in der Woche zu Arbeit verpflichtet ist. Die dem Gesundheitsschutz älterer Arbeitnehmer dienenden bezahlten Arbeitsausfälle haben keinen prägenden Einfluss auf die für das Arbeitsverhältnis maßgebliche – regelmäßige – Verteilung der Arbeitszeit. Der arbeitsvertragliche Arbeitsrhythmus wird dadurch ebenso wenig berührt wie eine ähnlichen Zwecken dienende bezahlte Freistellung aufgrund von Urlaub.

3. Die Freistellungserklärung des Arbeitgebers kann nach § 362 Abs 1 BGB das Erlöschen des Urlaubsanspruchs nur bewirken, soweit für den Freistellungszeitraum eine Arbeitspflicht des Arbeitnehmers besteht.

§ 362 Abs 1 BGB lautet wie folgt: Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.

Der 1. Leitsatz ist eine Selbstverständlichkeit. Aber warum musste sich das BAG mit der Frage beschäftigen. Das ergibt sich aus dem 2. Leitsatz. Der Kläger war für 2,5 Stunden die Woche von der Arbeitspflicht aufgrund Altersteilzeit befreit. Diese 2 Halbstunden wurden zu ganzen Tagen zusammengefasst. Im 2. Leitsatzes deshalb ausgeführt, dass diese Zusammenfassung der Freistellung zu ganzen Tagen nicht zu einer Minderung des Erholungsurlaub führt. Das wäre zum Beispiel dann der Fall, wenn der Kläger jede Woche 2,5 Stunden Freistellung aufgrund Altersteilzeit genommen hatte. Letztlich ist die Freistellung von der Arbeitspflicht aufgrund Urlaubs eine Frage der vertraglichen Vereinbarung.

BAG, Urteil vom 25. Januar 2022 – 9 AZR 230/21