Zum Inhalt springen

Anwaltsvertragsrecht: BGH: Anwaltsvertrag kann als Fernabsatzvertrag widerruflich sein

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Anwaltshonorar. Der Beklagte beteiligte sich an einer Fondsgesellschaft. Er erhielt von der i. GmbH am 22. Januar 2014 ein Schreiben, in dem diese ihre Dienste anbot und zur Rücksendung eines ausgefüllten Fragebogens und einer Vollmacht einlud. Dem Schreiben beigefügt war unter anderem eine auf die Klägerin lautende Rechtsanwaltsvollmacht. Die Klägerin hatte der Gesellschaft Blankoformulare für eine Vielzahl von potentiellen, von der Gesellschaft zu werbenden Mandanten zur Verfügung gestellt.

Der Beklagte unterzeichnete die außergerichtliche Vollmacht und sandte sie zusammen mit den anderen von ihm vervollständigten Unterlagen an die Gesellschaft zurück. Diese übermittelte die Unterlagen der Klägerin, die ohne Kontaktaufnahme mit dem Beklagten mittels eines Serienbriefes dessen Ansprüche gegenüber der Fondsgesellschaft geltend machte.

Nachdem die außergerichtliche Inanspruchnahme erfolglos geblieben war, forderte die Klägerin den Beklagten auf, eine weitere Vollmacht auf sie auszustellen, die auch die Prozessvertretung vorsah. Dies lehnte der Beklagte ab, woraufhin die Klägerin diesem ihr außergerichtliches Tätigwerden mit einer 1,3 Geschäftsgebühr in Rechnung stellte. Der Beklagte wies die Forderung mit Schreiben vom 27. Mai 2014 und vom 30. Juni 2014 zurück, wobei er im erstgenannten Schreiben zugleich erklärte, vorsorglich mit sofortiger Wirkung die über die Gesellschaft erteilten Vollmachten zu widerrufen.

Verfahrensgang

Die auf Zahlung des Anwaltshonorars nebst Zinsen gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidung

Der BGH bestätigt dem Mandanten, daß er den Anwaltsvertrag zu Recht widerrufen hat. Der Mandant als Verbraucher kann seine Willensderklärung gegenüber dem Anwalt als Unternehmer widerrufen. Der Anwalt hatte sich eines Dienstleistungsunternehmens bedient. Das hat den Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems vorgehalten.

Der Anwaltsvertrag ist ein Dienstvertrag oder Werrkvertrag. Er kann dem Schutz des Vertrauchers im Fernabsatz unterfallen.

Der Vertrag ist unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln geschlossen worden.  Entscheidend ist, dass es ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit der Vertragsparteien zum Vertragsschluss gekommen ist.

Gericht/Institution: BGH
Erscheinungsdatum: 01.02.2018
Entscheidungsdatum: 23.11.2017
Aktenzeichen: IX ZR 204/16

Quelle: BRAK, Nachrichten aus Berlin Nr. 2/2018 v. 01.02.2018

Verbraucherrecht: AG München: Preisänderung nach Vertragsschluss als neues Angebot