Zum Inhalt springen

Arbeitsrecht: BAG: Befristung – Eigenart der Arbeitsleistung

Das Ge­setz über Teil­zeit­ar­beit und be­fris­te­te Ar­beits­ver­hält­nis­se wird gerade von öffentlichen Arbeitgebern extensiv angewendet. Sie können als Erfinder der rechtswidrigen Kettenbefristungen gelten, die durch die Rechtsprechung des BAG gestützt wurde. Durch die Rechtsprechung des EuGH wurde diese Rechtsprechung modifiziert. Dann haben die Öffentlichen Arbeitgeber Rundfunkfreiheit und der Freiheit der Kunst für den (medizinischen-)kaufmännischen Bereich entdeckt: Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG kann eine Befristung auch durch die Eigenart der Arbeitsleistung sachlich gerechtfertigt sein. Geht gar nicht müsste man meinen. Das sagt einem der klare Menschenverstand. Buchführung als verfassungsmäßig garantiertes Freiheitsrecht.

Nicht so das Land Schleswig Holstein, das einen Arbeitnehmer, geschäftsführender Direktor des Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, loswerden wollte. Das bekl. Klinikum, eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts, gliederte sich gem. § 82Abs. 2 HSGS-H in die nicht rechtsfähigen Anstalten Campus K und Campus L. Daneben bestanden zwei campusübergreifende Zentren für Radiologie und Diagnostik .Rechtsstellung, Aufgaben und Organisation dieser Zentren wurden durch die Zentrumsordnung geregelt. Diese sah im Jahr 2015 vor, dass der geschäftsführende Direktor vom Vorstand für fünf Jahre bestellt werde. Der Kl. war zunächst auf Grundlage eines für fünf Jahre befristeten Arbeitsvertrages bis zum 30.6.2018 geschäftsführender Direktor beider Zentren. Mit Änderungsvertrag von Juni 2015vereinbarten die Parteien, dass der Kl. bis zum 31.12.2019 als geschäftsführender Direktor der beiden Zentren tätig sein sollte. Mit Änderung der Hauptsatzung im Februar 2019 wurden die Zentren einer Zentrumsdirektion unterstellt. Dieser gehörten ein wissenschaftlicher Direktor, ein kaufmännischer Direktor sowie weitere Personen an. Der Kl. war seitdem als kaufmännischer Direktor tätig. Das bekl. Klinikum entschied noch im Jahr 2019, den Arbeitsvertrag des Kl. nicht zu verlängern.

Das Arbeitsgericht (4 Ca 89 öD a/20) hatte die Befristungskontrollklage abgewiesen. Nicht lesenswert. Er erhielt vor dem LAG Schleswig-Holstein Recht (AG Schleswig-Holstein, Urt. v. 26.1.2021–1Sa241 öD/20) in der lesenswerten Begründung führt die Kammer aus, bekl. Klinikum könne zur Rechtfertigung der Eigenart des Arbeitsverhältnisses nicht auf verfassungsrechtliche Besonderheiten, die sich insbesondere aus Art.5 Abs. 3GG herleiten, zurückgreifen. Die Bekl. betreibe zwar ein Krankenhaus, in welchem auch geforscht und gelehrt werde. Hiervon sei das Arbeitsverhältnis des Kl. jedoch nicht bestimmt, dieser sei kein wissenschaftlicher Mitarbeiter sondern Kaufmann.

Damit nicht genug. Unbelehrbar durch ein gut begründetes Urteil zog das Land vor das Bundesarbeitsgericht (BAG). Schließlich hatte das BAG öffentlichen Arbeitgebern oft genug geholfen. Das wollte sich nicht und das Land Schleswig-Holstein blamieren, zitiert in epischer Hauptsatzung in deren Fassung vom 26. November 2009 (Hauptsatzung 2009; Amtsbl. Schl.-H. 2009 S. 1292). Zum Arbeitsvertrag führt es aus:

„Der Kläger wurde ab 1. Juli 2013 zunächst auf Grundlage eines bis 30. Juni 2018 befristeten Dienstvertrags vom 8. Mai 2013 als Geschäftsführender Direktor des campusübergreifenden Diagnostikzentrums und des campusübergreifenden Radiologiezentrums tätig. Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 des Vertrags führt er „die Geschäfte des Geschäftsführenden Direktors nach Maßgabe und unter Beachtung der für das UKSH geltenden Gesetze, insbesondere des Hochschulgesetzes …, der Hauptsatzung … sowie der Zentrumsordnung …, sowie der Beschlüsse des Aufsichtsrates des UKSH, der Beschlüsse und Weisungen des Vorstandes des UKSH und der Weisungen einzelner Vorstandsmitglieder“. Seine Vergütung betrug jährlich 135.000,00 Euro brutto zzgl. eines erfolgsabhängigen Bonus iHv. 30.000,00 Euro brutto bei 100 %iger Zielerreichung. Vertraglich war eine wöchentliche Arbeitszeit von 42 Stunden festgelegt. In der Einteilung seiner Arbeitszeit war der Kläger ausweislich § 1 Abs. 3 des Dienstvertrags unter Berücksichtigung dienstlicher Erfordernisse frei. Mit Änderungsvertrag vom 24./29. Juni 2015 vereinbarten die Parteien eine Befristung des Dienstvertrags bis 31. Dezember 2019. Das feste Bruttoentgelt wurde auf 165.000,00 Euro jährlich angehoben; die variable Jahresvergütung auf 5.000,00 Euro brutto festgelegt.“

Nun kommt die 1. Bundesliga ins Spiel. in der Entscheidung 7 AZR 312/16 führt das BAG aus:

1. Der Sachgrund der Eigenart der Arbeitsleistung kann die Befristung eines Arbeitsvertrags nur dann rechtfertigen, wenn die Arbeitsleistung Besonderheiten aufweist, aus denen sich ein berechtigtes Interesse der Parteien, insbesondere des Arbeitgebers, ergibt, statt eines unbefristeten nur einen befristeten Arbeitsvertrag abzuschließen. Diese besonderen Umstände müssen das Interesse des Arbeitnehmers an der Begründung eines Dauerarbeitsverhältnisses überwiegen.(Rn.16) Derartige Besonderheiten sind bei den Arbeitsvertragsbeziehungen zwischen einem Fußballverein der 1. Bundesliga und einem Lizenzspieler gegeben.

Da wundert man sich, was Kicken mit dem Grundgesetz zu tun hat.

Zum Glück kommt der BAG zu der Entscheidung UK S-H nicht gleich Bundesligaverein. Weiter sollten die Schleusentore nicht geöffnet werden. Vielleicht hat das BAG nach seinem Ausrutscher auf dem Bundesligaparkett die Schleusen wieder geschlossen und ist zum Wortlaut des Gesetzes „Eigenart der Arbeitsleistung“ zurückgekehrt.

Nachzulesen

Die Kommentarfunktion ist deaktiviert.