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Arzthaftung: BGH: Patientenakte: Widersprüchlich Einträge von Hebamme und Arzt

Einer ordnungsgemäßen, zeitnah erstellten Dokumentation in Papierform, die keinen Anhalt für Veränderungen, Verfälschungen oder Widersprüchlichkeiten bietet, kommt zugunsten der Behandlungsseite Indizwirkung zu, die im Rahmen der freien tatrichterlichen Beweiswürdigung nach § 286 Abs. 1 ZPO zu berücksichtigen ist.

Der BGH hatte den folgenden Fall zu entscheiden: Eine Hebamme hatte auf Wunsch der Mutter die Überwachung der Geburt übernommen. Im Verlaufe der Geburt kam es zu Komplikationen, ein Notkaiserschnitt brachte nur ein Schlafes Baby ohne Herztöne zur Welt. Das Baby hat einen Hirnschaden zurückbehalten.

Die Hebamme hatte eingetragen, dass sie einem Arzt das pathologische CTG gezeigt habe. Der Arzt hat am Folgetag ein Vermerk gemacht, wonach das nicht stimmt. Das Land das Oberlandesgericht sind bei der Richtigkeit des Hebammenvermerks ausgegangen und haben gemeint, dass der Arzt das Gegenteil beweisen müsse.

Der BGH hat diese Entscheidung noch einmal grundlegend mit der Beweiswirkung der Patientenakte auseinandergesetzt. Nach der gesetzlichen Lage des § 416 ZPO wird bei der echten Urkunde nur der Beweis erbracht, dass der Inhalt der Urkunde vom Unterzeichner stammt. Wirkung eines abstrakten Beweises hat die Patientenakte nur, wenn die Dokumentation ordnungsgemäß, zeitnah, keine Anhaltspunkte für Veränderung, Verfälschung oder Widersprüchlichkeiten wiegt. Das hat der BGH aber in diesem Fall angenommen. Denn er hat gemeint, dass auch Stellungnahme des Arztes zu berücksichtigen sei. Danach aber eine widersprüchlich vor, weshalb nicht von der ausgegangen werden kann.

Der BGH hat die Sache zur erneuten Verhandlung an das Oberlandesgericht verwiesen.

BGH, Urt. v. 05.12.2023, Az.: VI ZR 108/21