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Beamtenrecht: BVerwG: Nazi-Tattoo und Hitlergruß: Polizist wegen mangelnder Verfassungstreue aus Beamtenverhältnis entfernt

Das BVerwG hat entschieden, dass ein Polizist, der rechte Tätowierungen hat, den Hitlergruß zeigt und in seiner Wohnung Nazi-Devotionalien aufbewahrt, aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden kann.

Der im Disziplinarklageverfahren beklagte Beamte steht als Polizeikommissar (Besoldungsgruppe A 9) im Dienst des Landes Berlin. Im Jahr 2007 leitete die Staatsanwaltschaft verschiedene Ermittlungsverfahren ein, in denen dem Beklagten vorgeworfen wurde, an der Erstellung von CDs und Booklets mit volksverhetzenden Liedtexten beteiligt gewesen zu sein, Tätowierungen mit Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu tragen und in der Öffentlichkeit den Hitlergruß gezeigt zu haben. Diese Ermittlungsverfahren wurden eingestellt, weil dem Beamten nicht habe nachgewiesen werden können, dass er den Hitlergruß im Inland und seine Tätowierungen öffentlich gezeigt habe. Vom Vorwurf der Volksverhetzung wurde der Beklagte freigesprochen, weil nach Auffassung des Strafgerichts nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit habe festgestellt werden können, dass sich das beanstandete Schmählied auf das Tagebuch der Anne Frank bezog. Das Land enthob den Beklagten bereits im Jahr 2007 vorläufig des Dienstes.
In dem nach Abschluss der Strafverfahren fortgeführten Disziplinarklageverfahren hat das Verwaltungsgericht gegen den Beklagten eine Geldbuße i.H.v. 300 Euro wegen ungenehmigter Nebentätigkeiten verhängt, den Beklagten von den übrigen Anschuldigungen aber freigestellt. Die hiergegen gerichtete Berufung des Landes hat das OVG Berlin-Brandenburg zurückgewiesen.

Auf die Revision des klagenden Landes hat das BVerwG den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt.

Nach Auffassung des BVerwG stehen Beamte in einem besonderen öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis, aufgrund dessen sie zur Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ermächtigt werden können. Sie müssten sich daher zu der Verfassungsordnung, auf die sie vereidigt worden seien, bekennen und für sie eintreten. Wer die freiheitlich-demokratische, rechts- und sozialstaatliche Ordnung des Grundgesetzes ablehne, sei für die Ausübung eines öffentlichen Amtes nicht geeignet. Auf die Strafbarkeit treuepflichtwidriger Verhaltensweisen komme es dabei nicht an.

Die Treuepflicht eines Beamten könne auch durch das Tragen von Tätowierungen mit verfassungswidrigem Inhalt verletzt werden. Zwar stelle eine Tätowierung zunächst nur eine Körperdekorierung dar; durch diese werde der Körper indes bewusst als Kommunikationsmedium eingesetzt. Mit einer Tätowierung sei eine plakative Kundgabe verbunden, zu der sich der Träger schon angesichts ihrer Dauerhaftigkeit in besonders intensiver Weise bekenne. Identifiziere sich ein Beamter derart mit einer verfassungswidrigen Organisation oder Ideologie, dass er sich entsprechende Symbole eintätowieren lasse, ziehe er außenwirksame Folgerungen aus seiner Überzeugung und bringe eine die verfassungsmäßige Ordnung ablehnende Einstellung zum Ausdruck, was im Wege des Disziplinarverfahrens geahndet werden könne.

Die Beurteilung, ob ein Beamter seine Treuepflicht verletzt habe, setze eine Gesamtwürdigung seines Verhaltens voraus. Dies gelte bei Tätowierungen angesichts des oft nicht eindeutigen Aussagegehalts bildhafter Gestaltungen in besonderer Weise. Da der Beklagte nicht nur Tätowierungen von Runenzeichen und Emblemen rechtsextremistischer, rassistischer Musikgruppen trage, sondern wiederholt den Hitlergruß gezeigt, mit einer Hakenkreuzflagge posiert und nationalsozialistische Devotionalien in seiner Wohnung verwahrt habe, sei sein durch die Tätowierungen dokumentiertes Bekenntnis als grundsätzliche und dauerhafte Abkehr von den Prinzipien der Verfassungsordnung zu werten, die zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führe.

Vorinstanzen
VG Berlin, Urt. v. 09.04.2013 – 80 K 22.12 OL
OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 04.05.2017 – 80 D 6.13

Gericht/Institution: BVerwG
Erscheinungsdatum: 17.11.2017
Entscheidungsdatum: 17.11.2017
Aktenzeichen: 2 C 25.17

Quelle: Pressemitteilung des BVerwG Nr. 79/2017 v. 17.11.2017

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