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Böswilliges Unterlassen anderweitiger Erwerbstätigkeit – Rechte und Pflichten von Arbeitnehmern

Nach einer Kündigung, die sich später als unwirksam herausstellt, kommt es häufig zu Streitigkeiten über den Anspruch auf Annahmeverzugslohn. Arbeitgeber werfen in solchen Fällen oft vor, dass der Arbeitnehmer böswillig unterlassen habe, eine zumutbare Erwerbstätigkeit aufzunehmen, um den Verdienstausfall zu mindern. Doch was bedeutet „böswilliges Unterlassen“, und welche Rechte und Pflichten haben Arbeitnehmer?

Was ist böswilliges Unterlassen?

Böswilliges Unterlassen nach § 615 Satz 2 BGB liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer nach einer unwirksamen Kündigung absichtlich oder in grob fahrlässiger Weise darauf verzichtet, zumutbare Erwerbstätigkeiten aufzunehmen, die seine wirtschaftliche Situation verbessern könnten. Dies wird relevant, weil das Einkommen aus einer solchen Tätigkeit auf den Annahmeverzugslohn angerechnet wird.

Pflichten des Arbeitnehmers

  1. Zumutbare Tätigkeiten suchen
    Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, sich um eine neue Tätigkeit zu bemühen, wenn diese zumutbar ist. Eine Tätigkeit ist in der Regel dann zumutbar, wenn sie keine wesentliche Verschlechterung der Arbeitsbedingungen mit sich bringt, wie beispielsweise:
    • Ein deutlich niedrigerer Nettoverdienst (unterhalb des Arbeitslosengelds I).
    • Unangemessene Arbeitszeiten.
    • Tätigkeiten, die erheblich von der bisherigen Qualifikation abweichen.
  2. Keine Pflicht zur Annahme beliebiger Arbeiten
    Der Arbeitnehmer muss keine Tätigkeiten annehmen, die mit erheblichen persönlichen Nachteilen verbunden sind oder die seinen bisherigen beruflichen Werdegang unangemessen beeinträchtigen.
  3. Dokumentation der Bemühungen
    Es empfiehlt sich, dass Arbeitnehmer Bewerbungsaktivitäten dokumentieren, um bei möglichen Streitigkeiten nachweisen zu können, dass sie ihrer Pflicht nachgekommen sind.

Pflichten des Arbeitgebers

  1. Darlegungs- und Beweislast
    Der Arbeitgeber trägt die Beweislast dafür, dass der Arbeitnehmer böswillig eine zumutbare Tätigkeit nicht angenommen hat. Es reicht nicht aus, pauschal zu behaupten, der Arbeitnehmer habe sich nicht ausreichend bemüht. Der Arbeitgeber muss konkret darlegen, welche Tätigkeiten verfügbar waren und warum diese zumutbar gewesen wären.
  2. Angemessene Anforderungen
    Die Anforderungen an den Arbeitnehmer dürfen nicht überzogen sein. Ein Maßstab ist die Verhältnismäßigkeit zwischen den Interessen des Arbeitgebers und den persönlichen Umständen des Arbeitnehmers.

Relevanz der Rechtsprechung

Die aktuelle Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 7. Februar 2024 (Az. 5 AZR 177/23) unterstreicht, dass Arbeitnehmer keine unzumutbaren Tätigkeiten annehmen müssen, um ihre Ansprüche auf Annahmeverzugslohn zu sichern. Das Gericht hob hervor, dass allein die Möglichkeit einer Beschäftigung nicht ausreicht, um dem Arbeitnehmer böswilliges Unterlassen vorzuwerfen. Eine klare und nachvollziehbare Abwägung der Umstände ist erforderlich.

Fazit

Das Konzept des böswilligen Unterlassens schützt einerseits den Arbeitgeber vor wirtschaftlichem Missbrauch, wahrt aber gleichzeitig die Rechte der Arbeitnehmer vor übermäßigen Verpflichtungen. Rechtsanwalt Bernhard von Boehn unterstützt Arbeitnehmer und Arbeitgeber bei der Klärung von Streitigkeiten rund um den Annahmeverzugslohn und sorgt für eine faire Lösung. Kontaktieren Sie uns, wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben – wir beraten Sie kompetent und zielgerichtet.