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Liposuktion wird Kassenleistung

In diesem Blogbeitrag möchten wir Sie über eine wichtige Neuerung im Bereich des Versicherungsrechts informieren, die insbesondere für Patientinnen mit Lipödem von großer Bedeutung ist und auch Auswirkungen auf die Leistungspraxis der privaten Krankenversicherung haben wird.

Liposuktion bei Lipödem wird Kassenleistung – Ende einer Hängepartie

Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) hat in seiner Sitzung vom 17. Juli 2025 eine weitreichende und lang erwartete Entscheidung getroffen: Die Liposuktion (Fettabsaugung) zur Behandlung des Lipödems wird zukünftig eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) – und das für alle Stadien der Erkrankung.

Bisher war die Kostenübernahme durch die GKV auf das Stadium III des Lipödems beschränkt und an strenge Voraussetzungen geknüpft. Diese Befristung wurde nun aufgehoben. Zudem ist die operative Behandlung künftig nicht mehr nur auf die Beine beschränkt, sondern kann auch an den Armen durchgeführt werden.

Grundlage der Entscheidung: Positive Studienergebnisse

Der GBA stützt seine Entscheidung auf die positiven Zwischenergebnisse der sogenannten „Lipleg-Studie“, in der seit 2021 die Vorteile der Liposuktion bei Lipödem in den Stadien I, II und III untersucht werden. Laut dem GBA-Vorsitzenden Josef Hecken sei die Datenlage ausreichend und zeige klare Vorteile für die Patientinnen in allen Krankheitsstadien, auch noch ein Jahr nach dem Eingriff.

Diese Entscheidung sorgt nun für eine klare Rechtslage, nachdem das Bundessozialgericht (BSG) erst Ende Juni die bisherige befristete Regelung zur Kostenübernahme bei Lipödem im Stadium III für nichtig erklärt hatte.

Ein Blick zurück

Die Aufnahme der Liposuktion in den Leistungskatalog der GKV hat eine lange und wechselvolle Geschichte. Bereits 2017 hatte der GBA eine Bewertung aufgrund unzureichender Studienlage ausgesetzt. Auf Initiative des damaligen Bundesgesundheitsministers Jens Spahn wurde 2019 dann die befristete Regelung für das Stadium III ohne den sonst üblichen Nachweis der Evidenz eingeführt, um den betroffenen Frauen schneller zu helfen.

Auswirkungen auf die private Krankenversicherung

Auch für privat versicherte Patientinnen ist diese Entscheidung von großer Bedeutung. Bisher haben sich private Krankenversicherungen bei der Frage der Kostenübernahme für eine Liposuktion bei Lipödem häufig auf die noch ausstehende Entscheidung des GBA berufen und eine medizinische Notwendigkeit des Eingriffs in früheren Stadien bestritten. Mit der nun erfolgten Anerkennung der Liposuktion als wirksame Behandlung für alle Stadien des Lipödems durch das höchste Gremium der gemeinsamen Selbstverwaltung im Gesundheitswesen in Deutschland, wird es für die privaten Krankenversicherungen zukünftig deutlich schwieriger werden, eine Leistungspflicht abzulehnen. Die Entscheidung des GBA hat eine starke Indizwirkung für die medizinische Notwendigkeit des Eingriffs.

Offene Fragen und Kritikpunkte

Trotz des positiven Beschlusses bleiben einige Fragen offen. So ist beispielsweise noch nicht über die Möglichkeit von Wiederholungseingriffen entschieden worden.

Kritik an der neuen Regelung kommt von Patientenvertreterinnen. Diese bemängeln Details der Qualitätssicherungs-Richtlinie, die unter anderem die Diagnose, die Indikationsstellung sowie Ein- und Ausschlusskriterien für die Behandlung regelt. So fordert die Richtlinie bei gleichzeitig bestehender Adipositas deren vorrangige Behandlung. Zudem müssen Betroffene in den sechs Monaten vor der Operation ihr Körpergewicht stabil halten. Ab einem Körpergewicht von 120 Kilogramm soll die Operation nicht durchgeführt werden. Nach Ansicht der Patientenvertretung lassen sich diese strengen Grenzwerte nicht aus den Ergebnissen der Lipleg-Studie ableiten.

Fazit

Die Entscheidung des GBA ist ein Meilenstein für die Behandlung von Lipödem-Patientinnen und ein großer Erfolg für die langjährigen Bemühungen von Betroffenen und Ärzten. Sie schafft endlich Rechtssicherheit und wird die Versorgungssituation für viele Frauen erheblich verbessern. Auch für privat versicherte Patientinnen steigen die Chancen auf eine Kostenübernahme durch ihre Versicherung erheblich.

Wir werden die weitere Entwicklung, insbesondere im Hinblick auf die noch offenen Fragen und die konkrete Umsetzung der neuen Richtlinie, genau beobachten und Sie an dieser Stelle auf dem Laufenden halten.

Sollten Sie Fragen zur Kostenübernahme einer Liposuktion bei Lipödem durch Ihre private Krankenversicherung haben oder Unterstützung bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche benötigen, stehen wir Ihnen als spezialisierte Fachanwälte für Versicherungsrecht jederzeit gerne zur Verfügung.

Bernhard von Boehn

Fachanwalt für Versicherungsrecht