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Verkehrsrecht: BGH: „Schockschäden“ bei nahen Angehörigen sind Gesundheitsverletzung

„Schockschäden“ bei nahen Angehörigen treten zum Beispiel auf, wenn ein naher Angehöriger verstirbt. Das sei normal und stellte nach bisheriger Rechtsprechung des BGH nur dann eine Gesundheitsverletzung dar, wenn eine Erkrankung über die normale Trauerreaktion hinausgeht. Diese Rechtsprechung hat der BGH aufgegeben. Bisher stellten Gesundheitsverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB dar. der BGH formuliert das so:

„Ist die psychische Beeinträchtigung pathologisch fassbar, hat sie also Krankheitswert, ist für die Bejahung einer Gesundheitsverletzung nicht erforderlich, dass die Störung über die gesundheitlichen Beeinträchtigungen hinausgeht, denen Betroffene bei der Verletzung eines Rechtsgutes eines nahen Angehörigen in der Regel ausgesetzt sind (insoweit Aufgabe Senatsurteil vom 21. Mai 2019 – VI ZR 299/17, BGHZ 222, 125 Rn. 7 mwN).“

Im konkreten Fall war die 5-jährige Tochter des Klägers vom Beklagten sexuell mißbraucht worden. Das Landgericht Lüneburg hatte den Beklagten zu 4000 € Schmerzengeld verurteilt, das OLG Celle hatte das Urteil des LG Lüneburg bestätigt und die Revision zugelassen. Der BGH hat die einschränkende Auslegung des § 823 I BGB mit der folgenden Beründung aufgegeben:

„Der BGH hältGleichstellung von physischen und psychischen Beeinträchtigungen im Rahmen des § 823 Abs. 1 BGB für geboten. … In den Fällen sogenannter „Schockschäden“ ist Grundlage der Haftung nicht die Verletzung eines Rechtsguts bei einem Dritten, sondern eine eigene – psychische – Gesundheitsverletzung des Anspruchstellers.“

BGH, Urteil vom 6. Dezember 2022 – VI ZR 168/21