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Verkehrsrecht: OLG Celle: Halter kannte den Vorschaden nicht

Jeder Vorschaden an einem Kraftfahrzeug, der gemäß Gutachten abgerechnet wurde, landet in der HIS, eine Datenbank der Versicherungswirtschaft, durch welche Versicherungsbetrug verhindert werden soll. In jedem Schadensfall fragt der Versicherer nach, ob für das verunfallte Fahrzeug Eintrag in der HIS existiert. Ist das der Fall, dann wird die Regulierung abgelehnt. Die Versicherungswirtschaft beruft sich darauf ein Urteil des OLG Celle, wonach der Schaden nicht nachgewiesen werden kann, wenn ein Vorschaden nicht ordnungsgemäß repariert wurde. Daraus schließt sich Versicherungswirtschaft messerscharf, jede selbst durchgeführte Reparatur nach fiktiver Abrechnung auf Gutachterbasis ist keine ordnungsgemäße Reparatur. Der Nachweis gelinge nur durch Vorlage der Reparaturrechnungen.

Nun kommt es regelmäßig vor, dass ein Autokäufer ein Fahrzeug als unfallfrei Fahrzeug kauft. Er fällt aus allen Wolken, wenn er im Schadensfall erfährt, dass das Fahrzeug doch einen Vorschaden erlitten hat. Diesem Käufer hilft nun das OLG Celle in seiner Entscheidung vom 3.11.2021.es beachtet dabei die Rechtsprechung des BGH, Beschluss vom 15. Oktober 2019 – VI ZR 377/18 es, wonach auch durch Zeugenbeweis nachgewiesen werden kann, dass ein Fahrzeug ordnungsgemäß repariert wurde.

In der veröffentlichten Entscheidung des OLG Celle heißt es im Orientierungssatz wie folgt wörtlich: Soweit der Eigentümer des beschädigten Unfallfahrzeugs behauptet, von einem eventuellen Vorschaden selbst keine Kenntnis und die beschädigte Sache in unbeschädigtem Zustand erworben zu haben, kann es ihm nicht verwehrt werden, zur Behauptung der fachgerechten Reparatur des Vorschadens Zeugenbeweis anzutreten.

Zunächst zitiert das Oberlandesgericht Celle den Bundesgerichtshof: Soweit der Geschädigte behauptet, von einem eventuellen Vorschaden selbst keine Kenntnis und die beschädigte Sache in unbeschädigtem Zustand erworben zu haben, kann es ihm jedoch nicht verwehrt werden, eine tatsächliche Aufklärung auch hinsichtlich solcher Punkte zu verlangen, über die er kein zuverlässiges Wissen besitzt und auch nicht erlangen kann. Er ist deshalb grundsätzlich nicht gehindert, die von ihm nur vermutete fachgerechte Reparatur des Vorschadens zu behaupten und unter Zeugenbeweis zu stellen. Darin kann weder eine Verletzung der prozessualen Wahrheitspflicht noch ein unzulässiger Ausforschungsbeweis gesehen werden.

Dies war vorliegend der Fall. Die Klägerin war zum Zeitpunkt des Vorschadens noch nicht die Eigentümerin des Fahrzeugs. Sie hat behauptet, die Sache in unbeschädigten Zustand erworben zu haben, so dass ihr nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht verwehrt werden kann, ihre Behauptung einer fachgerechten Reparatur des Vorschadens unter Zeugenbeweis zu stellen. Die Beweisaufnahme fasst das OLG wie folgt zusammen:

Nach dem Ergebnis der durch den Senat durchgeführten Beweisaufnahme ist der streitgegenständliche Vorschaden aus dem Unfallereignis vom 25.3.2018 sach- und fachgerecht repariert worden. Der Zeuge H., der von Beruf Kraftfahrzeugmechaniker ist, hat hierzu vor dem Senat überzeugend und nachvollziehbar ausgesagt, das Fahrzeug sei vor dem Ankauf durch sein Autohaus auf Schäden untersucht worden. Es sei die Fahrzeughistorie recherchiert worden und das Fahrzeug sei im Rahmen der Untersuchung auf eine Hebebühne gesetzt worden. Es habe auch einen neuen TÜV bekommen. Im Rahmen dieser Untersuchungen und Recherchen seien keinerlei Beschädigungen an dem Fahrzeug festgestellt worden, die nicht lediglich kleinere Lackabplatzungen gewesen seien.

Pech für die verklagte Versicherung sie wurde verurteilt.

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