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Verkehrsrecht: OLG Hamm: „So-Nicht-Unfall“

Rechtsanwalt Bernhard von Boehn den Fälle, in denen ein Wahlsiegs geliehen der Sprinter ein geparktes Auto der höheren Preisklasse rammt und die Versicherung die Regulierung des Schadens ablehnt, nicht mehr an. In dem Fall lag ein abgesprochener Unfall vor. Das LG Münster als auch das OLG Hamm hatten über einen ähnlich gelagerten Fall zu entscheiden. Die beklagte Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung hatte eingewandt, wonach von einem abgesprochenen Unfallereignis mit einer Einwilligung des Klägers auszugehen ist.

Der vom OLG Hamm entschieden der Fall lag etwas anders. Der Kläger behauptete, dass sein Fahrzeug im fließenden Verkehr durch das anfahrende Fahrzeug der Beklagtenseite beschädigt worden sein soll. Der Fahrzeugführer des klägerischen Fahrzeuges hätte noch versucht, die Kollision durch ein Ausweichen nach links zu vermeiden und wäre dann dabei auf den gegenüberliebenden Bordstein geraten, wo das klägerische Fahrzeug auch an der linken Seite zusätzlich noch beschädigt worden wäre. Die beklagte Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung hatte bestritten, dass der behauptete Verkehrsunfall sich überhaupt an dem angeführten Ort ereignet habe und zugleich den Einwand erhoben, dass von einem abgesprochenen Unfallereignis auszugehen sei, bei welchem der Kläger in die Beschädigung seines Fahrzeuges eingewilligt habe.

Das LG Münster hatte in der I. Instanz ein Sachverständigengutachten eingeholt, um das Unfallgeschehen aufzuklären (LG Münster, Urt. v. 30.08.2021 – 14 O 479/19). Im Rahmen der vorangehenden Beweisaufnahme hatte der auf der Beklagtenseite beteiligte Fahrzeugführer noch angegeben, er sei gerade vom Fahrbahnrand angefahren und habe nur wenige Meter zurückgelegt, als es dann zur Kollision mit dem von hinten auf einmal herannahenden Fahrzeug der Klägerseite gekommen sei. Der klägerische Fahrzeugführer hatte dabei angegeben, er sei mit einer Geschwindigkeit in einer Größenordnung von 50 km/h im fließenden Verkehr gefahren und auf einmal mit dem anfahrenden Fahrzeug konfrontiert worden, weswegen er nach links im Zusammenhang mit dem Anstoß ausgewichen und dort gegen den Bordstein geraten sei.

Der vom Gericht beauftragte Sachverständige stellte allerdings insbesondere fest, dass die Fahrzeuge bei der Kollision lediglich eine geringe Differenzgeschwindigkeit in einem Verhältnis von 1 : 1,2 mit einer leicht überschießenden Geschwindigkeit des klägerischen Fahrzeuges gehabt haben und daher der von dem Fahrzeugführer der Beklagtenseite angegebene Unfallhergang einer Kollision direkt nach dem Anfahren aus technischer Sicht nicht nachvollzogen werden könne. Auch nach der Unfallversion des klägerischen Fahrzeugführers, der hier eine deutlich höhere Ausgangsgeschwindigkeit seines Fahrzeuges behauptet habe, sei das Geschehen mit erheblichen Zweifeln versehen – denn in diesem Fall hätte das Fahrzeug der Beklagtenseite über eine deutlich längere Strecke beschleunigen müssen, damit die zwischen den Fahrzeugen bestehende überschaubare Geschwindigkeitsdifferenz hätte erreicht werden können und dann hätte der klägerische Fahrzeugführer ausreichend Zeit gehabt, mit einer einfachen Ausgleichsbremsung eine Kollision zu vermeiden. Dabei wäre ein Abdrängen nach links gegen die Leitplanke weder nachvollziehbar noch mit der behaupteten Unfallendstellung der Fahrzeuge in Einklang zu bringen gewesen. Im Übrigen habe sich im Zuge der weiteren Sachverhaltsaufklärung ergeben, dass die Parteien sich – anders als noch außergerichtlich behauptet – sehr wohl gekannt haben.

Hier ist anzumerken, dass die KH-Versicherer regelmäßig Internetrecherche betreiben. Löst im Verfahren, die Rechtsanwalt von Boehn betrieben hat, herausgekommen, dass es sich bei den Unfallbeteiligten um Arbeitskollegen oder Personen, die im selben Ort aufgewachsen sind. Aber auch bei ganz unverfänglich Ihnen Unfallbeteiligten stellte sich heraus, dass die kollidierten Fahrzeuge ursprünglich Vater und Sohn gehörten. Es wurde einfach eine Strohfrau eingeschaltet.

Das Landgericht Münster die Klage abgewiesen. In der 11. Zivilsenat des OLG Hamm hat den Fall schon mit der Beweislast des Klägers zum behaupteten Unfall gelöst, ohne dass es auf den Einwand einer Unfallmanipulation mit einer Einwilligung des Klägers geprüft hat. Auch nach weiter gehender Befragung des Sachverständigen blieb dieser dabei, dass das behauptete Unfallgeschehen technisch nicht darstellbar sei – weder bei der einen noch der anderen Unfallversion. Der Senat nahm dies zum Anlass, darauf hinzuweisen, dass von einem „So-Nicht-Unfall“ i.S.d. Rechtsprechung des OLG Hamm auszugehen sei.

OLG Hamm 11. Zivilsenat, Hinweisbeschluss vom 31.08.2022 – I-11 U 150/21