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Versicherungsrecht: BGH: 10 Jahre Rechtssprechung zum Widerrufsrecht bei Abschluß einer Lebensversicherung und und immer noch kein Ende

Eine Verbraucherinformation ist unvollständig, wenn sie keine Angaben über die Frist, während der ein Antragsteller an den Antrag gebunden sein sollte, enthält.

Der Kläger begehrt von dem beklagten Lebensversicherer die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung eines fondsgebundenen Rentenversicherungsvertrags nach Widerspruch.

Der Versicherungsvertrag wurde aufgrund Antrags des Klägers vom 27. Juni 2004 abgeschlossen. Auf dem Antragsformular befand sich folgende Belehrung:

„Mir ist bekannt, dass ich innerhalb einer Frist von 2 Wochen nach Zustellung der Versicherungspolice zurücktreten kann. Die Frist beginnt erst zu laufen, wenn ich den Versicherungsschein erhalten habe.“

Die Beklagte nahm den Antrag des Klägers am 8. Juli 2004 mit Übersendung des Versicherungsscheins an.

Der Kläger zahlte in der Folge die vereinbarten monatlichen Prämien.

Mit Schreiben vom 12. Mai 2019 erklärte der Kläger den Widerspruch gegen das Zustandekommen des Versicherungsvertrages.

Er meint insbesondere, der Vertrag sei wegen Unvollständigkeit der Verbraucherinformation hinsichtlich der Antragsbindungsfrist nach Abschnitt I Nr. 1 Buchst. f) der Anlage Teil D zum Versicherungsaufsichtsgesetz in der damals gültigen Fassung (im Folgenden: VAG a.F.) nicht im sogenannten Antragsmodell des § 8 VVG in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden: VVG a.F.), sondern nach dem sogenannten Policenmodell des § 5a VVG a.F. abgeschlossen worden. Mangels ordnungsgemäßer Widerspruchsbelehrung nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. sei die Widerspruchsfrist nicht in Gang gesetzt worden.

Mit der Klage verlangt der Kläger teilweise Erstattung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht die dagegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Der BGH hat dem Kläger Recht gegeben. Und genau mit den Argumenten des Klägers. Weil die Verbraucherinformationen nicht vollständig waren, lag kein Vertrag nach dem sogenannten Antragsmodell vor. Nach diesen Modellen hätte er nicht widerrufen können. Nach Ansicht des BGH lag wegen der fehlerhaften Verbraucherinformation ein Vertragsabschluss im sogenannten Policenmodell vor. Danach werden die Informationen mit dem Versicherungsschein übersandt. Entsprechend dem Antragsmodell wurde die Belehrung nicht übersandt. Wenn aber die Belehrung über das Widerrecht nicht ordnungsgemäß ist, besteht ein ewiges Widerspruchsrecht. Das hat der BGH angenommen und der Revision stattgegeben.

BGH, Urt. v. 29.11.2023, Az.: IV ZR 117/22