Der BGH hat in seiner neuesten Entscheidung aus dem Dezember 2023 die Verletzung rechtlichen Gehörs gerührt. Das OLG Rostock hatte eine Klage gegen den Versicherer auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente abgewiesen mit der Begründung, der Anspruch sei schlüssig dargelegt worden. Versichert war:
§ 2 BUZ 2004 lautet auszugsweise:
„(1) Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich mindestens sechs Monate ununterbrochen außerstande ist, ihren vor Eintritt des Versicherungsfalls zuletzt ausgeübten Beruf – so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war – oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht … .
(2) Teilweise Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die in Absatz 1 genannten Voraussetzungen nur in einem bestimmten Grad erfüllt sind.
(3) Ist die versicherte Person sechs Monate ununterbrochen infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, vollständig oder teilweise außerstande gewesen, ihren vor Eintritt des Versicherungsfalls zuletzt ausgeübten Beruf – so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war – oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht …, so gilt dieser Zustand von Beginn an als vollständige oder teilweise Berufsunfähigkeit.“
Der Versicherte hatte vorgetragen und unter Beweis gestellt, Ursache der bei ihm diagnostizierten Augenbeschwerden und Auslöser einer reproduzierbaren akuten Verschlechterung des Krankheitsbildes seien die bei einem Schweißvorgang anfallenden Lichtemissionen, insbesondere die entstehende ultraviolette Strahlung. Diesen Zusammenhang zwischen seiner Berufstätigkeit als Schweißer und dem „Aufbrechen“ seiner Augenkrankheiten habe er über Jahre beobachten können. Auf dieses Vorbringen hat sich der Kläger in seiner Berufungsbegründung bezogen. Die behaupteten Beschwerden hat der Kläger erstinstanzlich dahingehend konkretisiert, dass es zu einem Brennen und Tränen der Augen, Sehbeeinträchtigungen, Juckreiz und Überempfindlichkeit bei hellem Licht, schmerzenden Augen, geschwollenen Augenlidern und häufigem Austreten von Augensekret komme. Diese Beschwerden seien bei Ausübung der Schweißertätigkeit täglich aufgetreten, lediglich an Wochenenden sei aufgrund der Arbeitspause regelmäßig eine Linderung eingetreten. Sämtliche Beschwerden träten erneut auf, sobald der Kläger Schweißarbeiten durchführe. Mit diesem Vorbringen, das sich auch in den vorgelegten ärztlichen Unterlagen wiederfindet, setzt sich das Berufungsgericht nicht auseinander.
Das Berufungsgericht hat dabei übersehen, dass ein krankmachender Beruf nicht ausgeübt werden muss. Der BGH führt aus:
Bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit liegt nicht nur dann vor, wenn der Versicherungsnehmer infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls nicht mehr zur Fortsetzung seiner zuletzt ausgeübten Berufstätigkeit imstande ist. Sie ist auch anzunehmen, wenn Gesundheitsbeeinträchtigungen eine Fortsetzung der Berufstätigkeit unzumutbar erscheinen lassen. Letzteres kann der Fall sein, wenn sich die fortgesetzte Berufstätigkeit des Versicherungsnehmers angesichts einer drohenden Verschlechterung seines Gesundheitszustandes als Raubbau an der Gesundheit und deshalb überobligationsmäßig erweist (Senatsbeschluss vom 11. Juli 2012 – IV ZR 5/11, VersR 2012, 1547 Rn. 3; Senatsurteil vom 11. Oktober 2000 – IV ZR 208/99, VersR 2001, 89 [juris Rn.11).
Bundesgerichtshof Beschl. v. 13.12.2023, Az.: IV ZR 125/23