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Versicherungsrecht: Welche Nutzungen erzielt der Lebensversicherer mit vom Versicherungsnehmer gezahlten Beiträgen?

Neben dem sich aus Prämien und Risikoanteil ergebenden Differenzbetrag könnten die Kläger, denen insoweit die Darlegungs- und Beweislast obliege, gemäß § 818 Abs. 1 BGB die beklagtenseits gezogenen Nutzungen herausverlangen. Da nur die vom Versicherer tatsächlich erwirtschafteten Erträge herausverlangt werden können, genüge ein auf Vermutungen bzw. Erfahrungssätze gestützter Vortrag – etwa einer unterstellten Kapitalrendite von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz – nicht. Erforderlich sei vielmehr ein konkreter Bezug zur Ertragslage des jeweiligen Versicherers. Wie dies im Einzelfall auszusehen habe, konnte der BGH mangels Entscheidungserheblichkeit dahinstehen lassen.

BGH 4. Zivilsenat, Urteil vom 29.07.2015 – IV ZR 384/14

Dazu Juris, Das Rechtsportal:

Bei fondsgebundenen Versicherungen wird der Sparanteil der Beiträge sog. Anlagestöcken zugeführt, also in Fonds investiert. Insoweit partizipiert der Versicherungsnehmer unmittelbar an der Entwicklung des Fondsvermögens, dessen Gegenwert er im Leistungsfall erhält. Liegt dieses oberhalb der dem Anlagestock zugeführten Beitragssumme, stellt die Differenz die dem Versicherungsnehmer zustehende Nutzung dar.
Hinzu kommen etwaige Rückvergütungen, welche manche Fondsgesellschaften den Versicherern zukommen lassen (Jacob, jurisPR-VersR 6/2015 Anm. 2). Weitergehende Nutzungen im Sinne einer Kapitalrendite zieht der Versicherer insoweit nicht. Anders ist dies bei der kapitalgebundenen Versicherung, bei welcher der insbesondere in Wertpapiere, Aktien etc. investierte Sparanteil Zinsen bzw. Dividenden erwirtschaftet. Informationen hierzu, d.h. zur Höhe der Kapitalrendite, können häufig den Geschäftsberichten des Versicherers entnommen werden. Soweit diese im Internet veröffentlicht und die jeweiligen Kapitalrenditen ausgewiesen sind, ist der Versicherungsnehmer in der Lage, zur konkreten Ertragssituation vorzutragen und auf dieser Grundlage die ihm zustehenden Nutzungen zu berechnen.
Allerdings zeigt die Praxis, dass die Geschäftsberichte in der Regel nicht vollständig im Internet einsehbar sind, sondern – und insoweit bestehen große Unterschiede – häufig nur die aktuellen sowie einige der vorausgehenden Jahre. Informationen zur Kapitalrendite für den gesamten Zeitraum der Vertragslaufzeit lassen sich auf diese Weise also regelmäßig nicht gewinnen. Dementsprechend ist der Versicherungsnehmer auf ergänzende Informationen angewiesen, besteht also eine entsprechende sekundäre Darlegungslast des Versicherers (vgl. OLG Schleswig, Urt. v. 26.02.2015 – 16 U 61/13; OLG Celle, Urt. v. 09.02.2012 – 8 U 191/11; OLG Köln, Urt. v. 14.08.2014 – 19 U 67/14). Kommt der Versicherer dem nicht nach, kann das Gericht ihn zu entsprechenden Darlegungen auffordern (so etwa OLG Stuttgart, Urt. v. 31.03.2011 – 7 U 204/10).
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