Zum Inhalt springen

Verbraucherrechte: Unionsrechtsverletzung durch Tarif für 0180er-Kundendienstnummer?

Nach Ansicht von Generalanwalt Maciej Szpunar dürfen die Kosten eines Anrufs zu einer Kundendiensttelefonnummer nicht höher sein als die Kosten eines gewöhnlichen Anrufs.

Das deutsche Unternehmen comtech vertreibt Elektro- und Elektronikartikel. Es weist auf seiner Website auf einen telefonischen Kundendienst hin, dessen Telefonnummer eine sogenannte 0180-Nummer ist, die in Deutschland für Service-Dienste verwendet wird und für die ein deutschlandweit einheitlicher Tarif gilt. Die Kosten für einen Anruf unter dieser (geografisch nicht gebundenen) Sondernummer (0,14 Euro pro Minute für einen Anruf aus dem deutschen Festnetz und 0,42 Euro pro Minute für einen Anruf aus einem Mobilfunknetz) sind höher als die Kosten, die dem Verbraucher für einen Anruf zu einer gewöhnlichen (geografischen) Festnetz- oder Mobilfunk-Nummer entstehen würden. Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main hat comtech vor dem LG Stuttgart auf Unterlassung dieser – ihrer Ansicht nach unlauteren – Geschäftspraktik verklagt. Das Landgericht hatte dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher (ABl. 2011, L 304, 64) der Anwendung eines derartigen Tarifs entgegensteht.

In seinen Schlussanträgen schlägt Generalanwalt Maciej Szpunar dem EuGH vor, diese Frage zu bejahen.

Nach Auffassung von Generalanwalt Szpunar müssen die Mitgliedstaaten nach der Richtlinie dafür sorgen, dass ein Verbraucher nicht verpflichtet ist, mehr als den „Grundtarif“ zu zahlen, wenn der Unternehmer eine Telefonleitung für die Kontaktaufnahme im Zusammenhang mit dem geschlossenen Vertrag eingerichtet hat. Das dem Verbraucher in Rechnung gestellte Entgelt dürfe nicht höher sein als das Entgelt für einen gewöhnlichen Anruf zum marktüblichen Preis. Daher dürften dem Verbraucher keine höheren Kosten entstehen als die üblichen Kosten, die ihm für einen Anruf zu einer gewöhnlichen (geografischen) Festnetz- oder Mobilfunk-Nummer entstanden wären. Denn eine Gebühr, die höher sei, als sie für eine gewöhnliche Telefonverbindung anfällt, wäre wegen der dadurch entstehenden zusätzlichen Kosten dazu angetan, den Verbraucher davon abzuschrecken, bei Fragen z.B. zum Liefertermin, zur Rechnungsstellung oder zur Gewährleistung mit dem Unternehmer Kontakt aufzunehmen. Für den telefonischen Service-Dienst gelte die unwiderlegbare Vermutung, dass der Dienst in dem vom Verbraucher bereits bezahlten Preis enthalten ist, so dass die Benutzung einer überteuerten Rufnummer dazu führen würde, dass der Verbraucher für ein und denselben Service zusätzliche Kosten tragen müsste. Die Frage, ob der Unternehmer einen Teil des vom Verbraucher entrichteten Entgelts erhält oder nicht, sei für die von ihm vorgeschlagene Antwort ohne Bedeutung.

Quelle: Pressemitteilung des EuGH Nr. 124/2016 v. 10.11.2016

Schlagwörter:

Schreibe einen Kommentar