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Verbraucherrechte: Zins- und kostenfreies Darlehen bei fehlenden Angaben in Verbraucherkreditvertrag

Der EuGH hat entschieden, dass der Kreditgeber eines Verbraucherkredits, der wesentliche Informationen nicht in den Kreditvertrag aufnimmt, seinen Anspruch auf Zinsen und Kosten verwirken kann, wenn durch das Fehlen der Angaben die Möglichkeit des Verbrauchers, die Vorzüge des Abschlusses des Kreditgeschäfts abzuschätzen, erheblich beeinträchtigt wird.

Im Juni 2011 gewährte die Bank Home Credit Slovakia Frau Klára B. einen Kredit in Höhe von 700 Euro. Der Kreditvertrag enthielt allerdings teilweise nur ungenaue Angaben in Bezug auf das Darlehen, wie insbesondere zum effektiven Jahreszins. Der Vertrag sah vor, dass auch die allgemeinen Geschäftsbedingungen des Kreditgebers Bestandteil des Vertrags sind. Bei Vertragsschluss erklärte Frau B. mit ihrer Unterschrift, die allgemeinen Geschäftsbedingungen gelesen und verstanden zu haben, ohne dass diese jedoch unterzeichnet wurden. Nachdem sie zwei Monatsraten gezahlt hatte, stellte Frau B. die Rückzahlung des Kredits ein. Home Credit Slovakia erhob deshalb Klage gegen sie vor dem Okresný súd Dunajská Streda (Bezirksgericht Dunajská Streda, Slowakei). Home Credit Slovakia fordert die Zahlung des Kapitals, der Verzugszinsen und einer Vertragsstrafe wegen Verzugs. Das mit dem Rechtsstreit befasste slowakische Gericht äußert Zweifel an der Gültigkeit des Kreditvertrags, da die allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht von den Parteien unterzeichnet wurden. Es zweifelt auch an der Vereinbarkeit bestimmter slowakischer Rechtsvorschriften im Bereich des Verbraucherschutzrechts mit dem Unionsrecht. Dazu gehört insbesondere die Vorschrift, nach der der Kreditgeber den Anspruch auf Zinsen und Kosten verwirkt, wenn er es unterlässt, bestimmte Informationen in den Vertrag aufzunehmen. Das slowakische Gericht ersucht daher den EuGH um Klärung dieser Fragen unter Berücksichtigung der Richtlinie über Verbraucherkreditverträge (RL 2008/48/EG – ABl. 2009, L 207, 14, ABl. 2010, L 199, 40 und ABl. 2011, L 234, 46).

Der EuGH hat entschieden, dass das Fehlen bestimmter Informationen in einem Verbraucherkreditvertrag zur Verwirkung des Anspruchs des Kreditgebers auf Zinsen und Kosten führen kann, wenn das Fehlen dieser Informationen es dem Verbraucher unmöglich macht, den Umfang seiner vertraglichen Verpflichtung einzuschätzen.

Nach Auffassung des EuGH verlangt die Richtlinie nicht, dass die Kreditverträge in einem einzigen Dokument enthalten sein müssen. Werde jedoch in einem solchen Vertrag auf ein anderes Dokument verwiesen und deutlich gemacht, dass dieses Bestandteil des Vertrags sei, müsse dieses Dokument, wie der Vertrag selbst, auf Papier oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger erstellt und dem Verbraucher vor Vertragsschluss tatsächlich ausgehändigt werden, so dass er alle seine Rechte und Pflichten erkennen könne.

Die Richtlinie schreibe zwar nicht die Unterzeichnung der auf Papier oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger erstellten Kreditverträge vor, aber sie stehe auch nicht einer innerstaatlichen Regelung entgegen, die die Gültigkeit dieser Verträge von der Unterzeichnung durch die Parteien abhängig mache, und zwar selbst dann, wenn diese Voraussetzung der Unterzeichnung für alle Dokumente gelte, in denen die wesentlichen Vertragsbestandteile aufgeführt seien.

Die Mitgliedstaaten dürften die Unterlassung des Kreditgebers, in den Kreditvertrag alle Elemente aufzunehmen, die gemäß der Richtlinie zwingend in den Vertrag aufzunehmen seien, mit der Verwirkung des Anspruchs auf Zinsen und Kosten sanktionieren, wenn die fehlende Erwähnung dieser Elemente dazu führen könne, dass es dem Verbraucher unmöglich gemacht werde, den Umfang seiner Verpflichtung einzuschätzen. Dies sei der Fall bei den zwingenden Elementen wie dem effektiven Jahreszins, der Anzahl und der Periodizität der vom Verbraucher zu leistenden Zahlungen, den Notargebühren sowie den vom Kreditgeber verlangten Sicherheiten und Versicherungen.

Quelle: Pressemitteilung des EuGH Nr. 119/2016 v. 09.11.2016

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