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Mobbing am Arbeitsplatz

Wenn der Arbeitsplatz zum Kampffeld wird, fühlen sich Betroffene oft ohnmächtig. Doch der juristische Weg zu Schadensersatz und Schmerzensgeld ist steinig. Eine Analyse der aktuellen Rechtsprechung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

In der subjektiven Wahrnehmung ist der Fall oft klar: Man wird ausgegrenzt, schikaniert oder unfair kritisiert. Juristisch betrachtet ist „Mobbing“ jedoch einer der am schwersten zu beweisenden Vorwürfe im deutschen Arbeitsrecht. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) und der Landesarbeitsgerichte (LAG) hat extrem hohe Hürden errichtet, an denen unvorbereitete Klagen regelmäßig scheitern.

1. Der Mythos vom „Straftatbestand Mobbing“

Es gibt im deutschen Gesetz kein „Mobbing-Verbot“. Juristisch handelt es sich um eine Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts (§ 823 Abs. 1 BGB) oder der arbeitsvertraglichen Fürsorgepflicht.

Entscheidend ist dabei nicht das einzelne böse Wort, sondern die Systematik. Die Rechtsprechung verlangt eine „Gesamtschau“: Einzelne Handlungen, die für sich genommen vielleicht noch rechtmäßig oder nur Bagatellen sind, müssen in ihrer Summe ein feindseliges System ergeben, das gezielt auf die Zermürbung des Betroffenen gerichtet ist. Fehlt dieser „fortgesetzte Zusammenhang“, wird die Klage abgewiesen – selbst bei 14 Abmahnungen in acht Jahren, wie das LAG Köln entschied.

2. Die Beweisfalle: Warum Atteste nicht reichen

Der häufigste Irrtum in Mobbing-Prozessen betrifft die Beweiskraft ärztlicher Atteste. Ein Arzt kann diagnostizieren, dass ein Patient unter Depressionen oder Angstzuständen leidet. Er kann jedoch nicht bezeugen, dass diese Zustände durch die Arbeit verursacht wurden.

  • Das Problem: Der Arzt gibt im Attest oft nur wieder, was der Patient ihm erzählt hat (z.B. „Patient berichtet von Konflikten“).
  • Die Rechtsfolge: Gerichte werten solche Atteste oft nicht als Beweis für die Mobbing-Handlung selbst. Der Kläger muss stattdessen beweisen, welche konkrete Handlung (Datum, Uhrzeit, Wortlaut) wie genau zur Erkrankung geführt hat – eine Kausalitätskette, die ohne lückenlose Dokumentation kaum zu führen ist.

3. Die „Clean Hands“-Doktrin: Wer provoziert, verliert

Mobbing setzt eine klare Täter-Opfer-Konstellation voraus. Die Rechtsprechung, etwa des LAG Schleswig-Holstein, zeigt hier klare Grenzen auf: Wer selbst austeilt, beleidigt oder den Konflikt eskaliert, kann später kaum Schmerzensgeld verlangen. Eine Schmerzensgeldzahlung scheidet regelmäßig aus, wenn sich das Verhalten des Arbeitgebers als Reaktion auf eine Provokation des Arbeitnehmers darstellt. Wer also im Glashaus sitzt, sollte juristisch nicht mit Steinen werfen.

4. Compliance ist kein Mobbing

In Zeiten strenger Compliance-Regeln fühlen sich Mitarbeiter oft durch interne Ermittlungen oder Überwachungsmaßnahmen (z.B. IT-Logging) gemobbt. Hier schützt die Rechtsprechung jedoch weitgehend den Arbeitgeber: Solange ein sachlicher Grund für Ermittlungen besteht (z.B. Verdacht auf Straftaten oder Pflichtverletzungen), ist selbst eine intensive Überwachung oder Befragung kein Mobbing, sondern legitime Wahrnehmung von Vermögensinteressen.

Fazit: Strategie statt Emotion

Eine pauschale „Mobbing-Klage“ ist oft ein kostenintensives Himmelfahrtskommando. Erfolgversprechender ist häufig eine chirurgische juristische Strategie:

  • Angriff gegen konkrete Einzelmaßnahmen (z.B. Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte).
  • Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen.
  • Formelle Beschwerden nach § 84 BetrVG, um den Arbeitgeber in Zugzwang zu setzen (Kenntnisnahme erzwingen).

Lassen Sie sich nicht zermürben – aber klagen Sie nicht unvorbereitet. Wir analysieren Ihren Fall nüchtern anhand der strengen Kriterien der Obergerichte und entwickeln eine Strategie, die rechtlich Bestand hat.


Rechtshinweis: Dieser Beitrag dient der allgemeinen Information und ersetzt keine anwaltliche Beratung im Einzelfall.