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Arbeitsrecht: EuGH: Befristete Weiterbeschäftigung eines pensionierten Lehrers zulässig

Der EuGH hat entschieden, dass die Befristung der Verlängerung eines Arbeitsverhältnisses über die Regelaltersgrenze hinaus zulässig ist, so dass ein angestellter Arbeitnehmer nicht geltend machen kann, dass es sich dabei um einen Missbrauch befristeter Arbeitsverträge handelt.

Herr Hubertus J. wurde von der Stadt Bremen (Deutschland) als Lehrer angestellt. Kurz vor Erreichen der Regelaltersgrenze beantragte er, über diesen Zeitpunkt hinaus weiterbeschäftigt zu werden. Die Stadt Bremen erklärte sich damit einverstanden, das Arbeitsverhältnis bis zum Ende des Schuljahres 2014/2015 zu verlängern. Den von Herrn J. in der Folge gestellten Antrag, das Arbeitsverhältnis bis zum Ende des ersten Schulhalbjahres 2015/2016 zu verlängern, lehnte sie jedoch ab. Herr J. erhob daraufhin Klage gegen die Stadt Bremen. Er machte geltend, die Befristung der gewährten Verlängerung des Arbeitsverhältnisses verstoße gegen Unionsrecht.
Das LArbG Bremen, bei dem die Rechtssache anhängig ist, hat darauf hingewiesen, dass die geltende nationale Regelung (§ 41 Satz 3 SGB VI in der seit dem 23.06.2014 geltenden Fassung – „Altersrente und Kündigungsschutz“) es den Arbeitsvertragsparteien unter bestimmten Voraussetzungen ermöglicht, den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinauszuschieben, nur weil der Arbeitnehmer durch Erreichen der Regelaltersgrenze einen Anspruch auf Altersrente hat.
Das Landesarbeitsgericht möchte wissen, ob eine solche Regelung mit dem Verbot der Diskriminierung wegen des Alters gemäß der RL 2000/78/EG (ABl. 2000, L 303, 16) und der am 18.03.1999 geschlossenen Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der RL 1999/70/EG (ABl. 1999, L 175, 43) (zur Verhinderung von Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge) vereinbar ist.

Der EuGH hat entschieden, dass das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters einer nationalen Bestimmung wie der in Rede stehenden nicht entgegensteht, die bei Arbeitnehmern, die die Regelaltersgrenze erreicht haben, das Hinausschieben des Zeitpunkts der Beendigung des Arbeitsverhältnisses von einer befristet erteilten Zustimmung des Arbeitgebers abhängig macht.

Nach Auffassung des EuGH werden Personen, die das Rentenalter erreicht haben, durch eine solche Regelung nicht gegenüber Personen, die dieses Alter noch nicht erreicht haben, benachteiligt. Die Regelung, nach der das Ende des Arbeitsverhältnisses mehrfach hinausgeschoben werden könne, und zwar ohne weitere Voraussetzungen und zeitlich unbegrenzt, stelle eine Ausnahme vom Grundsatz der automatischen Beendigung des Arbeitsvertrages bei Erreichen der Regelaltersgrenze dar. Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses setze in jedem Fall die Zustimmung beider Vertragsparteien voraus.

Was die Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge angehe, sei zweifelhaft, ob die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses, um die es hier gehe, als Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge angesehen werden könne. Es erscheine nämlich nicht ausgeschlossen, sie als bloße vertragliche Verschiebung des ursprünglich vereinbarten Rentenalters aufzufassen.

Aus den Akten sei nicht ersichtlich, dass die streitige Regelung geeignet sei, den Abschluss aufeinanderfolgender Arbeitsverträge zu fördern oder eine Quelle potenziellen Missbrauchs zulasten der Arbeitnehmer darstelle. Jedenfalls könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Regelaltersgrenzen systematisch zu einer Prekarisierung der Lage der betreffenden Arbeitnehmer im Sinne der Rahmenvereinbarung führen, sofern die Arbeitnehmer in den Genuss einer abschlagsfreien Rente kommen und insbesondere wenn eine Verlängerung des fraglichen Arbeitsvertrags durch den Arbeitgeber zulässig sei.

Für den Fall, dass das Landesarbeitsgericht zu der Auffassung gelangen sollte, dass die Herrn J. zugestandene Verlängerung des Arbeitsverhältnisses einen Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge darstelle, entscheide der EuGH, dass die Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge einer nationalen Regelung wie der in Rede stehenden nicht entgegenstehe, die es den Arbeitsvertragsparteien ohne weitere Voraussetzungen zeitlich unbegrenzt ermögliche, den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Vereinbarung während des Arbeitsverhältnisses, ggf. auch mehrfach, hinauszuschieben, nur weil der Arbeitnehmer durch Erreichen der Regelaltersgrenze einen Anspruch auf Altersrente habe.

Insoweit sei auf die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zu verweisen, wonach sich ein Arbeitnehmer, der das Regelalter für den Bezug der gesetzlichen Altersrente erreiche, von anderen Arbeitnehmern nicht nur hinsichtlich seiner sozialen Absicherung unterscheidee, sondern auch dadurch, dass er sich regelmäßig am Ende seines Berufslebens befinde und damit im Hinblick auf die Befristung seines Vertrages nicht vor der Alternative stehe, in den Genuss eines unbefristeten Vertrags zu kommen. Außerdem sei bei der Verlängerung des Arbeitsverhältnisses, um die es hier gehe, gewährleistet, dass der betreffende Arbeitnehmer zu den ursprünglichen Bedingungen weiterbeschäftigt werde und gleichzeitig seinen Anspruch auf eine Altersrente behalte.

Gericht/Institution: EuGH
Erscheinungsdatum: 28.02.2018
Entscheidungsdatum: 28.02.2018
Aktenzeichen: C-46/17
Quelle: Pressemitteilung des EuGH Nr. 23/2018 v. 28.02.2018

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