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Schmerzensgeld: BGH entscheidet über Schmerzensgeld eines Passagiers für Sturz eines Reisenden in der Fluggastbrücke

Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle

Verhandlungstermin am 21. November 2017, 9.00 Uhr in Sachen X ZR 30/15

Leitsätze:

Der Begriff des Einsteigens in ein Luftfahrzeug ist weit auszulegen und umfasst sämtliche Vorgänge, die den Einstieg des Fluggastes in das Flugzeug und damit den Beginn der Luftbeförderung betreffen.

2. Art. 17 Abs. 1 MÜ bezweckt den Schutz des Fluggastes vor den spezifischen Gefahren für sein Leben oder seine körperliche Integrität, die aus den technischen Einrichtungen und sonstigen sachlichen Gegebenheiten der Luftbeförderung einschließlich des Ein- und Ausstiegs resultieren. Es muss sich nicht um Risiken oder Gefahren handeln, die einzigartig sind und in keinem anderen Lebensbereich, sondern nur bei der Luftbeförderung auftreten können. Vielmehr reicht es aus, wenn sich ein Risiko verwirklicht, das sich aus der typischen Beschaffenheit oder dem Zustand eines Luftfahrzeugs oder einer beim Ein- oder Ausstieg verwendeten luftfahrttechnischen Einrichtung (hier: einer Fluggastbrücke) ergibt.

Der Kläger verlangt von dem beklagten Luftfahrtunternehmen Schadensersatz und Schmerzensgeld.

Sachverhalt:

Er buchte für den 9. Februar 2013 für sich und seine Ehefrau einen von der Beklagten durchgeführten Flug von Düsseldorf nach Hamburg. Nach seinem Vortrag kam er beim Einsteigevorgang in der Fluggastbrücke aufgrund einer durch Kondenswasser ausgebildeten feuchten Stelle zu Fall und erlitt infolge des Sturzes eine Patellafraktur. Der Kläger hat Schadensersatz für aufgewendete Heilungskosten, für erlittene Erwerbsunfähigkeit und aus abgetretenem Recht auf Entgeltfortzahlung und ein Schmerzensgeld geltend gemacht.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Das Oberlandesgericht hat angenommen, die Beklagte sei unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zum Schadensersatz verpflichtet. Sie treffe insbesondere keine Haftung nach Art. 1 Satz 2, Art. 3 VO (EG) Nr. 2027/97 (in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 889/2002) i.V.m. Art. 17 Abs. 1 des Übereinkommens vom 28. Mai 1999 zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr (Montrealer Übereinkommens – MÜ). Der Haftungstatbestand erfasse nur solche Ereignisse, deren Ursache in betriebstypischen Risiken des Luftverkehrs liege, nicht aber Ereignisse, die in ähnlicher Weise in anderen Lebensbereichen vorkämen und nur bei Gelegenheit einer Luftbeförderung einträten. Eine luftverkehrstypische Gefahr habe sich beim behaupteten Sturz des Klägers aber nicht realisiert. Der Einsteigevorgang (über die Fluggastbrücke) als solcher begründe keine solche Gefahr. Ebenso wenig stehe eine durch Feuchtigkeit auf dem Boden einer Fluggastbrücke bedingte Rutschgefahr in einem inneren Zusammenhang mit den speziellen Gefahren der Luftfahrt, sondern sei auch in anderen Lebensbereichen möglich.

Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger die Klageansprüche weiter.

Vorinstanzen:

LG Düsseldorf – Urteil vom 27. Juni 2014 – 22 O 21/14

OLG Düsseldorf – Urteil vom 25. Februar 2015 – I-18 U 124/14

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

Art. 17 Abs. 1 MÜ

Der Luftfrachtführer hat den Schaden zu ersetzen, der dadurch entsteht, dass ein Reisender getötet oder körperlich verletzt wird, jedoch nur, wenn sich der Unfall, durch den der Tod oder die Körperverletzung verursacht wurde, an Bord des Luftfahrzeugs oder beim Ein- oder Aussteigen ereignet hat.

Karlsruhe, den 16. November 2017

Nr. 181/2017 vom 16.11.2017
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501