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Versicherungsrecht: BGH: Kostenerstattung für Lasik-Operation in der privaten Krankenversicherung

Der BGH hat entschieden, dass eine Fehlsichtigkeit auf beiden Augen von mehreren Dioptrien eine Krankheit darstellt und der private Krankenversicherer deshalb bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen auch die Kosten einer Lasik-Operation zur Beseitigung dieser Fehlsichtigkeit tragen muss.

In dem zugrunde liegenden Rechtsstreit begehrte die Klägerin, die eine solche Operation erfolgreich hatte durchführen lassen, die Erstattung der dafür angefallenen Kosten i.H.v. rund 3.500 Euro. In § 1 Abs. 2 der dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen, die insoweit den Musterbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung (MB/KK) entsprechen, heißt es: „Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen (…).“
Die Klage war in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Landgericht als Berufungsgericht hatte im Anschluss an Ausführungen des vom Amtsgericht beauftragten medizinischen Sachverständigen angenommen, dass es bereits an einer bedingungsgemäßen Krankheit fehle, weil vom Vorliegen einer Krankheit bei einer Fehlsichtigkeit nur gesprochen werden könne, wenn eine Abweichung vom natürlichen körperlichen Zustand der versicherten Person vorliege, die nicht dem normalen Entwicklungs- oder Alterungsprozess entspreche. Nach den Ausführungen des Sachverständigen seien 30 bis 40% der Menschen im mittleren Alter kurzsichtig und werde von einer pathologischen Myopie nach internationalem Standard erst ab -6 Dioptrien gesprochen. Auch sei der Klägerin das Tragen einer Brille möglich und zumutbar gewesen.

Der BGH hat den Rechtsstreit zur Prüfung der weiteren Frage, ob die durchgeführte Operation eine medizinisch notwendige Heilbehandlung darstellte, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Nach Auffassung des BGH kommt es für den Krankheitsbegriff in Allgemeinen Versicherungsbedingungen nicht auf das Verständnis in medizinischen Fachkreisen, sondern auf das Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers an, der davon ausgehen wird, dass zum Normalzustand der Sehfähigkeit ein beschwerdefreies Lesen und eine gefahrenfreie Teilnahme am Straßenverkehr gehört. Er werde das Vorliegen einer bedingungsgemäßen Krankheit annehmen, wenn bei ihm eine nicht nur ganz geringfügige Beeinträchtigung dieser körperlichen Normalfunktion vorliege, die ohne Korrektur ein beschwerdefreies Sehen nicht ermögliche. Die Korrekturbedürftigkeit der bei der Klägerin vorliegenden Kurzsichtigkeit und die medizinische Indikation für deren Behandlung habe auch der Sachverständige im Streitfall bejaht. Er habe dabei zugleich darauf hingewiesen, dass diese Notwendigkeit bei der gegebenen Bedingungslage nicht allein wegen der Üblichkeit des Tragens einer Brille oder von Kontaktlinsen verneint werden könne. Dies habe er damit begründet, dass das Tragen einer Sehhilfe in Bezug auf die Fehlsichtigkeit keine Heilbehandlung darstelle, Brillen und Kontaktlinsen vielmehr lediglich Hilfsmittel seien, mit denen körperliche Defekte über einen längeren Zeitraum ausgeglichen werden, und die vereinbarten Allgemeinen Versicherungsbedingungen dem Versicherungsnehmer an keiner Stelle deutlich machen, dass die Erstattungsfähigkeit der Kosten einer medizinisch notwendigen Heilbehandlung grundsätzlich davon abhängen soll, ob er (dauerhaft) auf ein Hilfsmittel zurückgreifen könne, das den bei ihm bestehenden anormalen Körperzustand auszugleichen oder abzuschwächen geeignet sei, ohne am eigentlichen Leiden etwas zu ändern.

Vorinstanzen
AG Heidelberg, Urt. v. 18.11.2014 – 30 C 103/14
LG Heidelberg, Urte. v. 18. 11.2015 – 4 S 49/14

Gericht/Institution: BGH
Erscheinungsdatum: 30.03.2017
Entscheidungsdatum: 29.03.2017
Aktenzeichen: IV ZR 533/15

Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 45/2017 v. 30.03.2017

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