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Zusammenfassung des Urteils BGH VI ZR 297/22 vom 12. Dezember 2023

Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) behandelt die Haftung des Entschädigungsfonds für Schäden aus Kraftfahrzeugunfällen nach § 12 PflVG im Kontext von Härtefallleistungen gemäß dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) und dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).

Sachverhalt:

Am 7. April 2018 ereignete sich eine Amokfahrt, bei der vier Menschen getötet und zwanzig Personen schwer verletzt wurden. Der Haftpflichtversicherer des Täters verweigerte die Leistung aufgrund der vorsätzlichen Begehung der Tat. Das Land (als Kläger) gewährte den Geschädigten und Hinterbliebenen Härtefallleistungen auf Grundlage des OEG und forderte vom Verkehrsopferhilfeverein als Träger des Entschädigungsfonds Ersatz dieser Leistungen.

Entscheidung des BGH:

Der BGH entschied zugunsten des Verkehrsopferhilfevereins und wies die Forderung des klagenden Landes zurück. Die zentralen Argumente:

  1. Subsidiaritätsklausel nach § 12 Abs. 1 Satz 3 PflVG:
    • Der Entschädigungsfonds haftet subsidiär, wenn kein anderer Leistungsträger existiert. In diesem Fall wurden die Schäden bereits durch staatliche Härtefallleistungen nach OEG und BVG ausgeglichen, weshalb keine weitere Haftung des Fonds besteht.
  2. Härtefallleistungen als Versorgungsbezüge:
    • Die vom Kläger gewährten Leistungen gelten als Versorgungsbezüge im Sinne von § 12 PflVG. Der Fonds ist von der Haftung befreit, wenn solche Leistungen den Schaden bereits abdecken.
  3. Ermessensspielraum bei Härtefallentscheidungen:
    • Die gewährten Härtefallleistungen basierten auf einer behördlichen Ermessensentscheidung. Diese spezifischen Regelungen schließen eine zusätzliche Inanspruchnahme des Entschädigungsfonds aus.
  4. Keine primäre Leistungspflicht des Fonds bei Härtefällen:
    • Die besondere Härtefallregelung unterstreicht die Verantwortung des Staates für Opfer von Gewalttaten, ohne den Entschädigungsfonds zusätzlich zu belasten.

Fazit:

Das Urteil stellt klar, dass der Entschädigungsfonds nur subsidiär haftet und staatliche Härtefallleistungen Vorrang haben. Es verdeutlicht die Grenzen des Anspruchsübergangs nach § 5 OEG und stärkt die Rolle des Staates bei der Entschädigung von Opfern schwerer Gewalttaten.

Für Betroffene und Rechtsvertreter ist das Urteil bedeutsam, um die Rechtslage bei Ansprüchen gegen den Entschädigungsfonds zu verstehen. Es zeigt, dass staatliche Leistungen umfassend genutzt werden sollten, bevor Ansprüche gegen den Fonds erhoben werden.