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Schadensersatzrecht: BGH: Jameda muss Profil von Ärztin löschen

Der BGH hat entschieden, dass Ärzte, die kein Premiumprofil beim Arztbewertungsportal jameda.da besitzen, die Löschung ihres Profils verlangen können, weil jameda mit seinem Geschäftsmodell die für Werbung bezahlenden Ärzte begünstigt und sich somit nicht neutral verhält.

Die Beklagte betreibt unter der Internetadresse www.jameda.de ein Arztsuche- und Arztbewertungsportal, auf dem Informationen über Ärzte und Träger anderer Heilberufe kostenfrei abgerufen werden können. Als eigene Informationen der Beklagten werden die sog. „Basisdaten“ eines Arztes angeboten. Zu ihnen gehören – soweit der Beklagten bekannt – akademischer Grad, Name, Fachrichtung, Praxisanschrift, weitere Kontaktdaten sowie Sprechzeiten und ähnliche praxisbezogene Informationen. Daneben sind Bewertungen abrufbar, die Nutzer in Form eines Notenschemas, aber auch von Freitextkommentaren, abgegeben haben. Die Beklagte bietet den Ärzten den kostenpflichtigen Abschluss von Verträgen an, bei denen ihr Profil – anders als das Basisprofil der nichtzahlenden Ärzte – mit einem Foto und zusätzlichen Informationen versehen wird. Daneben werden beim Aufruf des Profils eines nichtzahlenden Arztes als „Anzeige“ gekennzeichnet die Profilbilder unmittelbarer Konkurrenten gleicher Fachrichtung im örtlichen Umfeld mit Entfernungsangaben und Noten eingeblendet. Demgegenüber blendet die Beklagte bei Ärzten, die sich bei ihr kostenpflichtig registriert und ein „Premium-Paket“ gebucht haben, keine Konkurrenten auf deren Profil ein.
Die Klägerin ist niedergelassene Dermatologin und Allergologin. Im Portal der Beklagten wird sie als Nichtzahlerin gegen ihren Willen ohne Bild mit ihrem akademischen Grad, ihrem Namen, ihrer Fachrichtung und ihrer Praxisanschrift geführt. Bei Abruf ihres Profils auf dem Portal der Beklagten erscheinen unter der Rubrik „Hautärzte (Dermatologen) (mit Bild) in der Umgebung“ weitere (zahlende) Ärzte mit demselben Fachbereich und mit einer Praxis in der Umgebung der Praxis der Klägerin. Dargestellt wird neben der Note des jeweiligen anderen Arztes die jeweilige Distanz zwischen dessen Praxis und der Praxis der Klägerin. Die Klägerin erhielt in der Vergangenheit mehrfach Bewertungen. Sie beanstandete durch ihre früheren Prozessbevollmächtigten im Jahr 2015 insgesamt 17 abrufbare Bewertungen auf dem Portal der Beklagten. Nach deren Löschung stieg die Gesamtnote der Klägerin von 4,7 auf 1,5.
Die Klägerin verlangt mit der vorliegenden Klage von der Beklagten die vollständige Löschung ihres Eintrags in www.jameda.de, die Löschung ihrer auf der Internetseite www.jameda.de veröffentlichten Daten, auf Unterlassung der Veröffentlichung eines sie betreffenden Profils auf der genannten Internetseite sowie Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin blieb ohne Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Die Revision hatte Erfolg. Der BGH hat der Klage stattgegeben.

Nach Auffassung des BGH sind personenbezogene Daten nach § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BDSG zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig ist, was vorliegend der Fall gewesen sei.

Der BGH habe bereits mit Urteil vom 23.09.2014 (VI ZR 358/13 – BGHZ 202, 242) für das von der Beklagten betriebene Bewertungsportal im Grundsatz entschieden, dass eine Speicherung der personenbezogenen Daten mit eine Bewertung der Ärzte durch Patienten zulässig sei.
Der vorliegende Fall unterscheide sich vom damaligen in einem entscheidenden Punkt. Mit der vorbeschriebenen, mit dem Bewertungsportal verbundenen Praxis verlasse die Beklagte ihre Stellung als „neutraler“ Informationsmittler. Während sie bei den nichtzahlenden Ärzten dem ein Arztprofil aufsuchenden Internetnutzer die „Basisdaten“ nebst Bewertung des betreffenden Arztes anzeige und ihm mittels des eingeblendeten Querbalkens „Anzeige“ Informationen zu örtlich konkurrierenden Ärzten biete, lasse sie auf dem Profil ihres „Premium“-Kunden – ohne dies dort dem Internetnutzer hinreichend offenzulegen – solche über die örtliche Konkurrenz unterrichtenden werbenden Hinweise nicht zu. Nehme sich die Beklagte aber in dieser Weise zugunsten ihres Werbeangebots in ihrer Rolle als „neutraler“ Informationsmittler zurück, dann könne sie ihre auf das Grundrecht der Meinungs- und Medienfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, Art. 10 EMRK) gestützte Rechtsposition gegenüber dem Recht der Klägerin auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten (Recht auf informationelle Selbstbestimmung, Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK) auch nur mit geringerem Gewicht geltend machen. Das führe hier zu einem Überwiegen der Grundrechtsposition der Klägerin, so dass ihr ein „schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Speicherung“ ihrer Daten (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG) zuzubilligen sei.

Vorinstanzen
LG Köln, Urt. v. 13.07.2016 – 28 O 7/16
OLG Köln, Urt. v. 05.01.2017 – 15 U 198/15 – AfP 2017, 164

Gericht/Institution: BGH
Erscheinungsdatum: 20.02.2018
Entscheidungsdatum: 20.02.2018
Aktenzeichen: VI ZR 30/17

Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 34/2018 v. 20.02.2018

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